Millionenschaden im Steigenberger. Das Husten seiner kleinen Schwester ließ ihn aufwachen. Gerade noch rechtzeitig. Als er seine Augen öffnete, war es stockfinster um ihn herum. Das Zimmer 127 in der ersten Etage des Fünf-Sterne-Hotels Steigenberger an der Heiligenangerstraße war gefüllt mit giftigen, beißenden, schwarzen Rauchgasen. Der junge Mann (19) wollte die Flucht ergreifen, sich und die Zweijährige retten doch er konnte nicht sehen, wo die Tür war. Angst kroch in ihm hoch.
Es ist wohlauf. Bruder und Schwester waren in Todesgefahr, sagte Ortsbrandmeister Bente. Weil sie es schon oft geübt hatten, wussten alle Mitarbeiter, was zu tun ist. Empfangs-chef Christian Magnus setzte einen zweiten Notruf ab. Parallel dazu wurde eine Durchsage veranlasst: Bitte verlassen Sie sofort Ihre Zimmer! Kommen Sie in die Hotelhalle! Benutzen Sie nicht die Fahrstühle! Julia Otto, 2. Empfangschefin, überprüfte die Anwesenheit der Gäste. In der Nacht hatten 160 Menschen im Steigenberger übernachtet. Schon acht Minuten nach ihrer Alarmierung traf die Feuerwehr Bad Pyrmont am Brandort ein. Ortsbrandmeister Hermann Bente war der erste Retter. Schon auf der Anfahrt hatten wir gehört, dass Personen vermisst werden, sagte Bente. Gemeinsam mit Alois Blome, Leiter der Hotel-Haustechnik, erkundete Hermann Bente die Lage und entdeckte zwei Vermisste. Auf der Treppe saßen der junge Mann und seine Schwester. Beide waren rußig geschwärzt und total erschöpft. Wir haben sie im Foyer dem Rettungsdienst übergeben, sagte der Ortsbrandmeister. Derweil musste der stellvertretende Steigenberger-Direktor Michael Gruber feststellen, dass es in der ersten Etage kein Durchkommen mehr gab: Der Flur war mit Rauchgasen gefüllt. Sogar in Knöchelhöhe war null Sicht, sagte Bente. Freiwillige, ausgerüstet mit schwerem Atemschutz, gingen vor. Die Gäste, die sich noch in zwei Zimmern befanden, waren diszipliniert und ruhig, sagte Direktor Arnoldus van Iersel. Sie hielten sich auf den Balkons auf, warteten auf Anweisungen. Um 10.33 Uhr zeigten die Entrauchungsanlage des Hotels und der von der Feuerwehr in Stellung gebrachte Überdruck-Belüfter Wirkung, so dass die Gäste um 10.41 Uhr in die Halle geführt werden konnten. Es gab keine Panik, sagte Ortsbrandmeister Bente. Die Hotel-Angestellten haben Hand in Hand gearbeitet, und die Sicherheitstechnik hat einwandfrei funktioniert. Brandschutztüren hatten automatisch die betroffene Etage abgeschottet. Im Foyer, in dem man das Feuer nicht einmal riechen konnte, versorgten Steigenberger-Mitarbeiter die Hotelgäste mit Kaffee und Wasser. Ein Notarzt und DRK-Sanitäter aus Bad Pyrmont, Emmerthal und Hameln kümmerten sich um den jungen Mann und seine kleine Schwester sowie um eine ältere Dame, die vermutlich einen Asthma-Anfall erlitten hatte. Das Kind wurde im St.-Georg-Krankenhaus untersucht und danach sofort wieder entlassen. Die Kleine ist wohlauf, hieß es. Ihr Bruder liegt zur Beobachtung auf der Intensivstation er hat sich eine Rauchvergiftung zugezogen. Das Pyrmonter Polizeikommissariat geht von einer fahrlässigen Brandstiftung aus. Das Feuer ist im Bad ausgebrochen, berichtete Kriminaloberkommissar Detlev Briese. Dort habe unter anderem ein Abfallbehälter aus Kunststoff gebrannt, der unter dem Waschtisch stand. Die Feuerwehr war auf Zack, hatte den Brand bereits zwölf Minuten nach ihrem Eintreffen gelöscht. Die erste Etage ist derzeit nicht bewohnbar. Sie muss renoviert werden. Den Rußschaden schätzt Direktor van Iersel auf eine Million Euro.